BiG-Familie trauert um Marlies Rall
8. Oktober 2017
Die BiG-Familie trauert um Marlies Rall. Das Gründungsmitglied von Basketball in Gotha e.V. starb am vergangenen Freitag im Alter von 65 Jahren nach längerer Krankheit.
„Wir alle sind sehr traurig und in Gedanken bei der Familie, ihr gilt unser tiefes Mitgefühl“, sagt BiG-Geschäftsführer Peter Sturmhöfel. „Mit Marlies verliert unser Verein ein Urgestein, das die Geschichte von Basketball in Gotha von Anfang an begleitet, belebt und bereichert hat. Sie war immer mit jeder Menge Herzblut bei der Sache und ist uns allen ein Vorbild für ehrenamtliches Engagement. Dafür sind wir ihr unendlich dankbar.“
Dieses einzigartige Engagement spiegelt sich vor allem in der imposanten BiG-Chronik wider, für die Marlies Mitte der neunziger Jahre den Grundstein gelegt hat. Damals schrieb sie auf ein weißes Blatt Papier: „Nobody is perfect! Das gilt auch für diese Chronik. Für jeden Hinweis, der die Vereinsgeschichte bereichert oder auch einen Fehler aufzeigt, bin ich sehr dankbar!“ – Und los ging’s.
Mit sehr viel Liebe zum Detail, schier unerschöpflicher Ausdauer und stetig wachsender „BiGeisterung“ sammelten Marlies und ihr Mann Burkhart fortan Zeitungsartikel, Fotos, Spielberichtsbögen, Saisonhefte, Flyer und vieles mehr: von den Rockets, Red Socks, Hot Wheels, Kinderteams und Cheerleadern, ebenso von den BiG-Aushängeschildern Andy Dittmar und Mario Hochberg. Auch der Rasselbock durfte in dieser Sammlung nicht fehlen.
Auf diese Weise füllten sich im Laufe der Jahre rund 50 dicke Aktenordner. In ihnen finden sich Zeitdokumente wieder, die teilweise winzig klein sind, aber große Aussagekraft besitzen. Etwa jene kleine grüne Biermarke aus Pappe für einen Kasten Gothaer Bier aus Dirk Kollmars privaten Haustrunk-Vorräten, auf deren Rückseite handschriftlich steht: „Für meine Red Socks – Prost, Dirk.“
Ursprünglich war jedoch keine umfangreiche Chronik geplant. Vielmehr wollte Marlies, in jungen Jahren selbst eine leidenschaftliche Korbjägerin, eine Mappe für ihren Sohnemann Alexander erstellen: zur Erinnerung an glorreiche Zeiten, die er später mal seinen Kindern, also ihren Enkeln, zeigen könnte.
Ihren Filius hatte sie behutsam zum Basketball gelotst, der damals noch beim FSV 1950 Gotha seine Heimat hatte. Alexander, Spitzname „Rallman“, zählte Anfang der neunziger Jahre zur ersten Generation der Rockets, die regelmäßig die Turnhalle in der Eschleber Straße an die Grenzen der Belastbarkeit brachte. Und genau dort wurde schließlich auch sein Papa mit dem Basketball-Virus infiziert.
Wenige Jahre später zählten Marlies und Burkhart dann zu den basketball-begeisterten Gothaern, die sich 1998 an einem kühlen Sommerabend im Berggarten trafen und die Weichen für eine einmalige Erfolgsgeschichte stellten, welche in diesem Jahr mit dem Aufstieg der Oettinger Rockets in die easyCredit Basketball Bundesliga ihren Höhepunkt erlebte. Gemeinsam mit Astrid und Dirk Kollmar, Yvonne Schäfer, Lothar Becker, Norman Wagner, Horst Graf, Wolfgang Otte und Peter Sturmhöfel gründeten die Ralls damals den Verein Basketball in Gotha.
Was seit diesem Sommertag des Jahres 1998 rund um Basketball in Gotha passiert ist, lässt sich nun nahezu lückenlos in der Chronik nachlesen, die Marlies maßgeblich geprägt hat. Entstanden ist die legendäre Ordner-Kollektion (siehe Foto unten / noch ohne die Ordner der Saison 2016/17) – sie ist ein gutes Stück weit auch ein Lebenswerk.
Das letzte Kapitel dieses gemeinsamen Werkes hatten Marlies und Burkhart in diesem Jahr ganz bewusst aufgeschlagen. Zum Ende der Saison 2016/2017 kündigten beide ihren Rückzug an. Die Gründe für diesen Schritt waren vielfältig. Die Gesundheit und das Alter spielten eine wichtige Rolle – Entwicklungen, die sie kritisch betrachteten, aber auch.
Ungeachtet dessen erfuhren die Ralls sehr große Wertschätzung für ihr Wirken. Das spiegelt sich zum Beispiel im Sportehrenpreis des Landrates wider, mit dem Marlies und Burkhart im Jahr 2010 bei der Sport-Gala in Ohrdruf ausgezeichnet wurden.
Zuletzt schrieb Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch am 14. September 2017 einen Brief an die Ralls. Darin heißt es wortwörtlich: „Ich möchte Ihnen im Namen der Stadt Gotha und des Stadtrates ganz herzlich danken für viele Jahre ehrenamtlicher Arbeit. Da ich selber seit vielen Jahrzehnten mein Herzblut an die Tätigkeit des Chronisten verloren habe, weiß ich nur zu gut, wie viel Arbeit in diesem Engagement steckt. Es ist nicht nur das Foto und der Text, es ist die Sammlung, die Zusammenstellung, die Ordnung und die Präsentation der vielen Fakten und Daten. Wenn ich die große Flut der Ordner sehe, die Sie zusammengetragen haben, so nötigt mir dieser Einsatz hohe Anerkennung ab. Dankeschön für diesen von Ihnen gezeigten Einsatz, bleiben Sie weiter am Ball, ich weiß Ihre Arbeit für Gotha sehr zu schätzen!“
Dieser Brief ist das letzte Dokument, das Marlies in „ihre“ BiG-Chronik eingeheftet hat.
(wg)